WEINFEHLER:
I. Allgemeines.
II. Essigstich.
III. Zähwerden.
IV. Mäuseln.
V. Kahmigwerden.
VI. Trübung.
VII. Braunwerden.
VIII. Schwarzwerden.
IX. Weißer Bruch.
X. Böckser.
XI. Faulgeschmack.
XII. Geschmack nach Traubenstielen.
XIII. Luftgeschmack.
XIV. Schimmelgeschmack.
XV. Fassgeschmack.
XVI. Korkgeschmack.
XVII. Erdgeschmack.
I. Allgemeines: Bei der Produktion des Weins können schon unmittelbar nach der Lese u. dann beim weiteren Weinausbau unerwünschte Veränderungen des Mosts bzw. Weins eintreten, die sich in Aussehen, Geruch od. Geschmack bemerkbar machen (Abgeschmack, Abgeschmäcklein, Abgust, Beigeschmack, Fehlgeschmachen, Fehler, Fremdgeschmack, Geruch, Geschmach, Geschmachen, Geschmack, Geschmäcklein, Geschmacksfehler, Gout, Gust, Krankheit, Misston, Schmäckel, Seitengeruch; abständig, defekt, fehlerhaft, krank, letz). Diese zu beanstandenden Eigenschaften werden im Allg. nach ihren Ursachen in Weinfehler u. Weinkrankheiten eingeteilt. Unter Weinkrankheiten versteht man durch Mikroorganismen verursachte fehlerh. Eigenschaften des Weins, unter Weinfehlern unsaubere, störende Aroma- u. Geschmackseigenschaften, die auf chemischen bzw. physikalischen Veränderungen beruhen. Die Grenze zw. Weinfehler u. Weinkrankheit lässt sich allerdings nicht immer scharf ziehen, da einige Fehltöne im Wein beiden Kategorien zugeordnet werden können. Bei der Befragg. der GWP war der Komplex der Weinfehler u. Weinkrankheiten repräsentiert durch Fragen nach der Kahmhaut u. nach sensorischen Wahrnehmungen fehlerh. Weins (im Aussehen trüb / braun; schmeckt nach Fass / Essig / Hefe / Schimmel u.Ä.). Aus den Antworten u. Spontanbeiträgen der GWP ergab sich nachfolgendes Spektrum hinsichtl. der Ursachen teils klar bestimmbarer, teils unscharf verbleibender Fehler, Krankheiten bzw. unerwünschter Geschmacks- u. Geruchsnoten in versch. Ausbaustadien des Weins, die eine Behandlg. erforderl. machen u. im schlimmsten Falle die Verkehrsfähigkeit des Weins ausschließen. Nicht immer wird deutl., ob sich die Ang. der GWP auf eine Geschmacks- od. Geruchswahrnehmg. beziehen, weshalb in den nachstehenden Ang. mit 'Geschmack' tw. auch 'Geruch' gemeint sein. Die Behandlungsmethoden kranker bzw. fehlerh. Weine betreffender Wortschatz wurde nicht systematisch erfragt; Einschlägiges ergab sich aus gelegentl. Hinw. der Informanten.- II. Essigstich (essig, Essig, Essigböckser, Essigbrühe, Essiggeruch, Essiggeschmach, -geschmack, Essiggout, Essiggust, essiglen, essigsauer, Essigstich, essigstichig, Essigstichlein, Essigwein, sauer, Sauerstich, saureinen, sengerlich, stechen, Stich, sticheln, stichig, übergehen, überhingehen, umgehen, umstehen, Weinessig, zicken): Der Essigstich gehört zu den gefährlichsten Weinkrankheiten. Hauptverursacher sind Essigsäurebakterien. Essigsäure ist bereits ab einer Konzentration v. 0,6 g/l sensorisch wahrnehmbar. Betroffene Weine riechen stechend nach Essig u. wirken am Gaumen kratzig. Die Gefahr eines Essigstichs ist bes. gegeben in extraktarmen Weinen u. bei Gärunterbrechg. Im fertigen Wein ist der Essigstich kaum noch zu beseitigen. Werden best. Grenzwerte flüchtiger Säure überschritten, darf der Wein nicht mehr in Verkehr gebracht, sondern nur noch zu Essig verarbeitet werden.- III. Zähwerden (dick, lahm, lang, lind, weich, umfallen, zach, zäh, ziehen): Es handelt sich um eine im Allg. harmlose Weinkrankheit. Sie wird hervorgerufen durch Milchsäurebakterien, die sich bei hohen pH-Werten u. Lagerg. des Weins auf dem Geläger entwickeln u. Zucker in viskositätserhöhende Polysacharide umwandeln. Die Krankheit äußert sich darin, dass der Wein schleimig u. dickflüssig wird, nicht mehr perlt (die CO2-Bläschen bleiben stecken), beim Ausschenken in ununterbrochenem Strahl überfließt u. Fäden zieht. Die Behandlg. zähen Weins erfolgt u.a. durch ABSTICH u. Lüftg. des Weins, wobei der Wein früher ggf. mit einem Reisigbesen kräftig durchgerührt wurde (durchklopfen). Vorbeugend gegen das Zähwerden praktizierte man auch das Peitschen (peitschen) des Mosts mit einem Reisigbesen.- IV. Mäuseln (Mäusel, mauseln, mäuseln, Mausgeschmack): Betroffener Wein zeigt im Geschmack einen kratzigen, an Mäuseharn erinnernden Abgang, der oft erst einige Sekunden nach dem Schlucken zu spüren ist. Die Weinkrankheit kann auftreten bei verzögerter Gärg. od. bei Weinen mit Säurearmut. Als Verursacher gelten best. Milchsäurebakterien u. Hefestämme. Mäuselnder Wein kann durch den Zusatz schwefliger Säure od. auch durch SCHÖNUNG mit Aktivkohle od. frischer Weinhefe behandelt werden.- V. Kahmigwerden: s. KAHM.- VI. Trübung (aufstehen, blind, brechen, dunkel, dusch, faulen, fäulen, gemurig, grau, milchig, moderig, muddelig, murig, rahn II (braun), satzig, scheel, staubig, steigen I (aufsteigen), stoßen, stößen, treiben, trubel, trüb, trübig, umschlagen): Trübg. des Weins kann durch Hefe, Bakterien od. Eiweiß bewirkt werden. Gegen Hefe- u. Bakterientrübg. hilft FILTRATION u. nachträgl. SCHWEFELUNG, gegen Eiweißtrübg. SCHÖNUNG mit Bentonit. Ebenfalls mit Trübungen verbunden sind die nachfolgend angesprochenen Weinfehler Braun-, Schwarzwerden u. Weißer Bruch.- VII. Braunwerden (brandig, brändig, Brändel II (Weinfehler), braun, Braune Bruch, Braune Stich, brechen, Bruch, Brüchlein, hochfarbig, -färbig, firn, fuchsig, Laubelein, missfarbig, rahn II (braun), rahnig, Ton II (Geräusch), übergehen, umschmeißen): Weine können bei Luftzutritt (rahnliegen) als Folge der Oxidation v. Polyphenolen braun u. trüb werden u. einen unangenehmen, an gedörrtes Obst erinnernden Geschmack annehmen. Betroffen sind sowohl Weiß- als auch Rotweine. Spez. Weinbehandlungsmittel, Kurzzeiterhitzg. u. ausreichende SCHWEFELUNG können Abhilfe schaffen.- VIII. Schwarzwerden (schwarz, Schwarze Bruch): Der Weinfehler äußert sich in einer blauschwarzen Trübg., die durch die Reaktion v. Eisen mit Tannin entsteht u. durch zu niedrigen Säuregehalt gefördert wird. Rotweine sind bes. gefährdet, da ihr Säuregehalt durch den biologischen Säureabbau verringert wird, ihr Tanningehalt dagegen oft sehr hoch ist. Der Fehler kann durch Blauschönung behoben werden.- IX. Weißer Bruch (Weiße Bruch): Begünstigt durch hohe pH-Werte u. geringen Schwefelgehalt des Weins bildet sich bei diesem Weinfehler eine weißgraue, schleierartige Trübg. durch das Ausfällen v. Eisen(III)-Phosphat, die sich nur schlecht absetzt. Sie kann durch eine Blauschönung beseitigt werden.- X. Böckser (bitter, bitzeln, Bock, Böckeleingout, bockeln, böckeln, Böcklein, Böcke-, böckseln, bocksen, böcksen, Bockser, Böckser, Bocksergeschmack, Böcksergout, Böckserlein, böcksern, Bocksgeschmack, Böcksler, Drusenbockser, Drusengeschmack, Drusengout, drusig, Fetscheler, Fetschengust, Gärton, Gelegergeschmachen, -geschmack, Gerbe, hart, härt, Hefebockser, -böckser, Hefeböcksler, Hefegeschmack, geschmachen, Hefegout, Hepfe-, Hefelein, hefeln, hepfeln, Hefeton, Hefen-, hefig, Hepfeleingout, Lagergeruch, Läger-, Lagergeschmachen, Läger-, -geschmack, Lägerlein, Lagerschmack, legerlen, ranzig, Schwefelböckser, Senfel, Trubgeschmack, unsauber): Mit der Bez. Böckser verbindet sich eine Reihe v. Weinfehlern, die sich in Geruch u. tw. auch Geschmack bemerkbar machen. Böckser im engeren Sinne sind die Schwefelwasserstoff- u. Mercaptanböckser, die immer im Zshg. mit Schwefel entstehen. Schwefelwasserstoff ruft Geruch nach faulen Eiern, die Mercaptane nach faulem Gemüse hervor. Zu den Böcksern im weiteren Sinne zählen Hefe- u. Aromaböckser, bei denen es sich um böckserähnl. Fehlaromen handelt, die ganz unterschiedl. Ursachen haben können. Hefeböckser können u.a. entstehen durch den Gebr. best. Hefen u. durch zu lange Verweildauer des Weins auf dem Geläger. Die Verwendg. v. Blechgefäßen bei der LESE u. Kontakt v. Maische u. Most mit Eisenteilen der PRESSE können zu einem Metallböckser (Blechgust, Eisen, Metallgeschmack) führen, ebenso der Kontakt des Weins mit den Eisenbolzen, die das Fasstürchen halten (Nietengeruch). Auch frische DÜNGUNG des Weinbergs mit Mist kann im jungen Wein einen Böckser hervorrufen (Mistböckser). Im Frühstadium lassen sich Böckser meist durch einen ABSTICH entfernen, bei dem der Wein je nach Bedarf mehr od. weniger stark gelüftet wird (frischmachen, herunterschmeißen, durch die Luft springen / durch die Luft laufen / über den Besen lassen, lüften, platschen, plätschen, schwingen, stoßen, stößen, umziehen); auch wird verschaumen als Behandlungsmethode gegen einen Böckser genannt.- XI. Faulgeschmack (Faulgeschmack, lagerfaul): Bei zu langem Lagern des Weins auf der Hefe kann diese in Fäulnis übergehen u. im Wein einen widerl. Faulgeschmack erzeugen.- XII. Geschmack nach Traubenstielen (griebsig, Kammgeschmack, Rappengeschmack, rappig, rappsig, Sauerling, Säuer-, Tanningeschmack, Stingelwein): Der Geschmack tritt bei Rotweinen auf, wenn die Maische viele unreife, noch grüne Stielgerüste (TRAUBE) enthält, die bei der Maischegärg. (GÄRUNG) ausgelaugt werden. Um ihn zu verhüten, müssen Maischen v. solcher Beschaffenheit vor der Gärg. entrappt werden. Der Fehlgeschmack kann auch bei Weißweinen auftreten, wenn die noch grünen Traubenkämme beim Einmaischen stark zerrissen u. zerquetscht werden od. die Maische längere Zeit vor dem Abkeltern stehen bleibt. Geschmack nach den Traubenstielen trat häufig bei den früher produzierten Tresterweinen (HAUSTRUNK) auf.- XIII. Luftgeschmack (Anbruchgeschmack, gareln, Luftböckser, Luftgeruch, Luftgeschmach, -geschmachen, -geschmack): Wenn Weine längere Zeit im nicht ganz gefüllten Fass liegen (hohlliegen) u. mit Luft in Berührg. kommen, können sie an frische Brotrinde od. gedörrtes Obst erinnernden Geschmack annehmen. Durch mäßige SCHWEFELUNG od. zweckentsprechende SCHÖNUNG kann diesem Fehlgeschmack entgegengewirkt werden. Alter Wein mit eigtl. fehlerh. Oxidationsgeschmack konnte v. Konsumenten auch geschätzt werden, so im ELSASS verschiedentl. der Eschgrieslige (Eschgrieslein).- XIV. Schimmelgeschmack (dumpf, dumpfeln, dumpfig, dümpfig, faulig, grau, Gräueleingeschmack, Gräueleingout, Gräueleinton, Graueler, graueln, gräueln, Gräuelngust, Graugeschmack, grauzelig, Gräuzer, Gräuzert, grauzig, gräuzig, käseln, Mäuchel, mäuchelig, mäucheln, mäuchteln, Müchel, Nüchel, Müchelgeschmack, müchelig, nüchelig, mücheln, Müchtel, Nüchtel, müchteln, muffeln II (schimmelig schmecken), muffig, Muffling, Munkel, munkeln, pelzig, platt, Schimmel, Schimmelgeruch, Schimmelgeschmach, -geschmachen, -geschmack, Schimmelgout, schimmelig, schimmeln, Schimmelschmach, -schmack, Schimmelton, sporig, Stich, sticksen, sticksig, stinken, stockig, töbeln): Der Geschmack kann durch schimmelige Trauben, durch Verwendg. schimmelbefallenen Kellergeschirrs u. überhaupt durch mangelhafte Kellerhygiene in den Wein gelangen. Besonders gefürchtet ist Schimmelbefall auf WEINSTEIN in Holzfässern. Der Schimmel kann in das Fassholz einwachsen, sodass trotz oberflächl. Reinigg. dumpfe Töne in den Wein abgegeben werden. Flaschenweine können durch die Verwendg. verschimmelter Korken Schimmelgeschmack annehmen.- XV. Fassgeschmack (Becker, dumpfen, Fass, Fassböckser, fasseln, Fassgeruch, Fassgeschmach, -geschmachen, -geschmack, Fassgeschmäckelchen, Fassgeschmäcklein, Fassgout, Fassgust, Fässleingeruch, Fässleingust, Fassschmach, -schmack, Fasston, hohl, Kufengeschmack, Kufengust, Lägelgeschmack, Lägelnachgeschmack, Nachgeschmack, ranzig, stechen, sticheln, stinken, wahnen, wahnenen, Zapf, Zapfen, Zäpf, Zapfengout, Zapfenschmecker): Fehlerhafter Geschmack od. Geruch des Weins nach Fass kann mehrere Ursachen haben. Wenn Fässer schlecht gereinigt od. während des Leerstehens nicht genügend geschwefelt wurden, konnten sie bei erneuter Befüllg. einen muffigen, an Schimmel- od. Faulgeschmack erinnernden Geschmack an den Wein abgeben. Von solchem Wein sagte man in der STEIERMARK: "Er kommt / schmeckt vom faulen Bauern", d.h. vom nachlässigen Winzer (Bauer); im ELSASS hieß es: "Der Wein hat einen Küferschurz an". Ein and. Fassgeschmack kann entstehen, wenn Wein in schon längere Zeit leerstehende Fässer gefüllt wird (Dürrel, holzeln, Holzgeruch, trocken, trucken, Trockengeschmack, Winddürrel, Windel, windeln). Des Weiteren kann das Holz neuer Fässer, die nicht weingrün gemacht wurden (FASSBEHANDLUNG), einen unerwünschten Fassgeschmack des Weins bewirken (Eiche I (Holz), Eichel II (Geschmack), eicheln, Eichengeschmach, Eichenton, Fasston, Holz, Hölzel, holzeln, holzen, Holzgeruch, Holzgeschmach, -geschmachen, -geschmack, Holzgout, Holzton, Lärchel, lärcheln, Lohegeschmack, loheln, Neuel). Schon eine einz., bei einer Fassreparatur neu eingesetzte Fassdaube kann diesen Fehlgeschmack hervorrufen (überkommen).- XVI. Korkgeschmack (Korkgeschmachen, -geschmack, Stopfengeschmack): Der muffige u. bitter-scharfe Geschmack entsteht bei Verwendg. v. Korken, die aus v. Schimmelpilz befallener Korkrinde gefertigt wurden. Der Korkgeschmack ist allerdings schwer v. and. Weinfehlern mit Muffton zu unterscheiden.- XVII. Erdgeschmack (Erdgeruch, Erdgeschmack): Unerwünschter Geschmack des Weins nach Erde konnte eintreten, wenn die Trauben durch bei Regen hochspritzende Erde stark verschmutzt waren.-Lit.: Arthold [1931], 300ff.; Babo/Mach 1922, 2/2, 694ff.; BrockhWein 2005, 73f. 165. 486f. 490f.; Gollmick u.a. 1980, 310ff.; Jakob 1998, 291ff.; Müller K. 1930, 226f. 446; Schätzlein 1951b, 7ff.; Steidl 2001, 221ff.- R.P. |