WEINPROBE:
I. Allgemeines.
II. Termin.
III. Geräte u. Gefäße zur Probeentnahme: A. Schlauch.- B. Weinheber.- C. Hahn.- D. Bohrer.- E. Glas.
IV. Probiergläschen.
V. Brauch.
I. Allgemeines: Das Probieren des Weins findet i.d.R. im Weinkeller (Kellerprobe, Weinbegehung), bei Weinversteigerungen, am Weinprobierstand u. in Probierstuben statt (auskosten, degustieren, dareinschmecken, gustieren, kategorieren, koren, kosten, proben, probieren, reiberlen, schmecken, suckeln, verkosten, versuchen, Probe, ein Versucherlein machen, Weinkost, Weinkosten, Weinprobe, Weinprobiere). Die zum Probieren vorgesehene Menge an WEIN (Kostprobe, Probe, Weinprobe) kann auf vielfältige Art aus dem FASS entnommen werden; meist wird sie v. oben mit einem dünnen Schlauch herausgesaugt (angesaugt) od. mit einem Weinheber heraufgeholt (absaugen, ziehen). Beim Kosten wird eine kl. Menge Wein (Schlücklein) im Mund hin u. her bewegt (kauen) u. i.d.R. wieder ausgespuckt (außespeien) u. zur Neutralisierg. des Geschmacks (Bauern)brot od. Käse gegessen, so z.B. in Wattwiller/Wattweiler (ELSASS). Beim Weinverkauf entnahm in Dambach-la-Ville/Dambach der Weinsticher für den Weinhändler eine Probe (Muster) aus dem Fass. Die Kellerpartie, die Weinprobe im Weinkeller (KELLER) direkt aus dem Fass, wurde in Apetlon (BURGENLAND) im Stehen durchgeführt. Mit diesem Wort wird auch die 'Geselligkeit im Weinkeller' bez. In SÜDTIROL wird das Verkosten (törkelen) v. einer kl. Mahlzeit (Marende) od. Kastanien begleitet. Zur Most- u. Weinanalyse (z.B. Rahnprobe) s. den Art. ANALYSE.- II. Termin: In Winzerhausen (WÜRTTEMBERG) wurde in den 1980er J. an 2 Sonntagen im Sept./Okt. Wein am Weinprobierstand ausgeschenkt. Um den 10. Nov. herum fand in Lutzmannsburg (BURGENLAND) der Martinitanz, eine dreitägige Tanzveranstaltg., statt, an dem der Heurige ausgiebig gekostet wurde. Die Jugend sammelte sich diesen selbst zusammen.- III. Geräte u. Gefäße zur Probeentnahme: Zur Entnahme einer Probe aus dem Fass (Probeentnahme) wird der sog. Weinheber, ein Schlauch, ein spez. Hahn od. Bohrer verwendet. Seltener wurde ein Glas zur Probenentnahme genommen. In neuerer Zeit benutzte man in Ligerz (BERN) den Weindieb, ein oben durch das Spundloch eingeführtes Gerät, das schon seit dem 16./17. Jh. bezeugt ist, u. in Neckenmarkt (BURGENLAND) den Koster, der v. der GWP nicht genauer beschrieben wurde. Anschließend wurde die entnommene Weinprobe in ein Gefäß gefüllt (Butelle, Glas, Krüglein, Krüge-, Krügel, Schnapsgläslein, Weinhäflein, -häfe-, Weinkrüglein, -krügel). Bei der Qualitätsprüfg. wurde in Georgsfeld (ASERBAIDSCHAN) eine Flasche Wein als Vergleichsprobe versiegelt (pitschieren): A. Schlauch: Bei der Verwendg. eines meist dünnen Schlauchs wird der Wein v. oben durch das Spundloch des Fasses (FASS) entnommen (außeschlaucheln, -schläucheln, herausschläucheln, schläucheln). Dieser Schlauch heißt Gummischlauch, Hebeschlauch, Kostschläuchlein, Luftschlauch, Mostschlauch, Probenschlauch, Probenschläuchelchen, Probierschlauch, Probierschläuchelchen, Schlang, Schlauch, Schläuchchen, Schläuchelchen, Schläuchlein, Weinschlauch, Weinschläuchelchen, Weinschläuchlein, Zapfziehschläuchlein od. Ziehschlauch.- B. Weinheber: Der Weinheber, ein bauchiges Gefäß (Bauch) mit einer langen Röhre (Schnabel), wird ebenfalls durch das Spundloch eingeführt (Ducker, Dücker, Fassheber, Heber, Mostheber, Probenheber, Pumpel, Saugheber, Stechheber, Stichheber, Stupfer, Weinheber, Weinsauger, Weinversucher, Zonef). Er ist i.Allg. aus Glas (Glaszug) od. Metall (Aluminium, Blech), selten aus Holz (Holzheber) gefertigt. Vereinz. wurde er auch zum Auffüllen des Fasses od. zum Heraufholen des Weins aus dem Keller verwendet. Beim Abstich kamen außerdem spez. Typen, wie z.B. der Grundheber, der aus einem langen, vorn rechtwinklig gebogenen Messingrohr besteht, zum Einsatz. In Gegenden mit Kürbisanbau wurde vielfach ein ausgehöhlter Kürbis aus einer spez. angebauten Kürbisart (Flaschenkürbis, Zierkürbis) verwendet; die entspr. Bez. wurden später tw. aber auch auf Weinheber aus Glas (Glasheber, Glaspumpel, Glaszieher) od. Metall übertr. (Bulgeleinzieher, Heberkürbis, Kürbisheber, Kürbislopo, Kürbiszieher, Kürbiszug, Weinkürbis, Zieher, Zieherkürbis, Ziehkürbis, Zugkürbis). In Krasne/Krasna (UKRAINE) benutzte man ausgehöhlte Holunderstängel od. Schilfrohr (Rohr), Glasröhrchen od. gekaufte Weinversucher.- C. Hahn: Für die Probeentnahme aus dem Fass wurde vielerorts auch ein spez. Ablasshahn benutzt, der im Ggs. zum gewöhnl. Ablasshahn meist i.d.Mi. des vorderen Fassbodens od. etw. weiter oben angebracht wurde (Probierhähnlein, Reiberlein I (Riegel), Rosette, Rosettlein, Versuchshähnelein, Überlaufhähnlein). In Kippenheim (BADEN) wurde zunächst der Spunden am FASS entfernt, dann ein Glas darunter gehalten u. das Weinreiberlein einschlagen. Hierzu war gr. Geschicklichkeit nötig, damit kein Tropfen Wein danebenlief. In Tiengen bestand das Reiberlein aus einem Hornspunden mit Loch u. galt als die sauberste Art, eine Probe zu entnehmen. Das Probieren des Weins heißt wegen dieses Hahns auch reiberlen, z.B. in Erlach (BERN). Evtl. handelt es sich beim Zwickerlein aus Bergholtz/Bergholz (ELSASS) um einen ähnl. Hahn.- D. Bohrer: In Cortaccia/Kurtatsch (SÜDTIROL) wurde mit dem Spinellenbohrer ein kl. Loch in das Fass gebohrt, das nach der Entnahme der Probe mit der Spinell zugestopft wurde.- E. Glas: Zur Probeentnahme wurde in Wangen (ELSASS) ein Glas v. oben in den Wein getunkt, ähnl. auch in and. Orten (Gläslein, Probeglas, Teeglas, Weingläslein).- IV. Probiergläschen: Die aus dem Fass entnommene Probe wurde gewöhnl. mit spez. kl. Probiergläsern, seltener mit gew. Trinkgefäßen verkostet (Becher, Degustationsgläslein, Degustiergläslein, Glas, Gläschen, Glasken, Gläslein, Herzchen, Kellerglas, Kellergläschen, Kellergläslein, (scherzh.) Kellerhäpe, Korbecher, Kostglas, Kostgläslein, Krüglein, Krüge-, Krügel, Mösterleinglas, Probapohar, Probeglas, Probegläschen, -glasken, Probegläslein, Probierglas, Probiergläschen, -glasken, Probiergläslein, -gläse-, Probierkrügel, Pümpeslein, Rütscherlein, Schauglas, Schaugläslein, Schnapsgläslein, Seidelsbecher, Stotzengläslein, Trinkgläslein, Versuchgläslein, Weinglas, Weingläschen, -glasken, Weingläslein). Der Winzer aus Sausenheim (PFALZ) besaß früher aus Spargründen kein solches Probiergläschen, sondern benutzte ein abgebrochenes Stängelgläschen, das in einen Korken gesteckt wurde, od. ein Senfgläschen. Auch die GWP aus Armsheim (RHEINHESSEN) verwendete im Weinkeller ein Stängelglas, Stingel- mit abgebrochenem Stiel, das nach dem Leertrinken umgestülpt wurde. Auch anderswo wurden Gefäße and. Funktion verwendet (Achtelgläslein, Achtels-, Becher, Glas, Holzbecher, Krug, Ständlein, Stände-, Ständel, Teeglas, Trinkglas, Trinkgläslein).- V. Brauch: Die Verkostg. des neuen Weins am Martinitag heißt Martiniloben u. wurde v. dem dreitägigen Martinitanz umrahmt; dieser BRAUCH war vor allem in NIEDERÖSTERREICH u. Südmähren (TSCHECHIEN) übl. In Zistersdorf (NIEDERÖSTERREICH) wurde die Weinkost im Sommer während der Festwoche durchgeführt, in Klosterneuburg während des öffentl. Weinlesefests u. in Mari'ny Kolodcy/Marienbrunn (RUSSLAND) vor Weihnachten. In Guttenbrunn (RUMÄNIEN) gingen die "Kerwebuben" mit der Kirchweihflasche durch das ganze Dorf, verteilten Zettel, schenkten Wein zum Verkosten aus u. erhielten hierbei Gaben in Form v. Geld. In Maniersch wurde der neue Wein v. der Jugend, die auch einen gr. Weinberg mit 2.000 Reben besaß, bei einem Tanzfest verkostet. Dies nannte man "Weinchen füllen". In SÜDTIROL werden beim Verkosten des Weins üblicherweise gebratene Kastanien gereicht (törkelen). Gäste, die bei der Weinprobe an die Fässer klopfen, um den Füllgrad festzustellen, werden getadelt (RECHT).- s.a. Kostprobenträger (Plöckinger 1940, 13); Kosttasse (Müller K. 1930, 445); Kostteller (ib.); Probebudellchen (RheinWB 6, 1120); Probefläschchen (Honold 1941, 99); "Proufdag" (LuxWB 3, 391); Probetasse (Müller K. 1930, 621); Probierkrause (DWB 13, 2152); Weinblechheber (Bauer M. 1954, 118, Skiz. 5); Weinkieser m., mhd. wnkieser (DWB 28, 951; Lexer 3, 908); Weinkoster (BayWB 1, 1307; Leskoschek 1975, 80); Weinkosthalle (Koch H.-J. 1976, 301); Weinkostprobe (Crettenand 1977, 105); Weinprobierkeller (Koch H.-J. 1976, 302, Abb.).- Lit. (tw. mit Abb.): Althaus 2006; Bauer 1954, 118; Christoffel 1975, 72ff.; Crettenand 1977; Fischer J.Ch. 1791, 213ff.; Jursa 1965, Abb. vor S. 49; LadParth. 1930; Jakob L. [1973]; Keller U. 1977, 10ff.; Kurz 1991; Lübeck 1829, 160ff.; Schweinhardt 2003, 139; Stefl 1914, 102ff.; Troost/Wanner 1951; Vajkai 1950, 156; v. der Sorge 1859; Zweifler 1924, 286ff.- M.B.
Probierstube
Probierstube

Weinprobe an der Deutschen Weinstraße
Weinprobe an der Deutschen Weinstraße

Weinprobierstube
Weinprobierstube

Probierglas
Probierglas


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