WEINBERGSARBEIT:
I. Allgemeines.
II. Jahreszyklische Weinbergsarbeiten: A. Aufdecken.- B. Rebschnitt.- C. Beseitigung des Rebholzes.- D. Absenken u. Vergruben.- E. Spritzen.- F. Erste Bodenarbeit.- G. Sticken.- H. Biegen u. Anbinden.- I. Ausbrechen.- J. Heften.- K. Zweite, dritte, vierte Bodenarbeit.- L. Ausgeizen, Gipfeln, Entblättern.- M. Lese.- N. Pfähleziehen.- O. Niederlegen u. Zudecken.- P. Rückführung erodierter Weinbergserde.
III. Mehrjahreszyklische Weinbergsarbeiten: A. Düngen.- B. Arbeiten der Weinbergsneuanlage.
IV. Sonstiges.
I. Allgemeines: Mit den zahlr. Arbeiten der Bearbeitg. u. Pflege des Weinbergs (WEINBERG) u. der Weinstöcke (REBE), die einen gr. Teil des jährl. Arbeitsaufkommens eines Winzerbetriebs ausmachen, zählt der Weinbau zu den arbeitsintensivsten landwirtschaftl. Kulturen überhaupt. Dies gilt insbes. für den Weinbau älterer Prägg. Heute kann der Aufwand für die Weinbergsarbeiten mittels Technisierg. u. Rationalisierg. auf etwa 300-600 Stunden pro Hektar verringert werden. Früher lag der erforderl. Arbeitsaufwand jedoch um ein Vielfaches höher. So konnte z.B. für den pfälzischen Weinbau gezeigt werden, dass um 1950 noch ca. 1.500 Arbeitsstunden, zu Beginn des 19. Jhs. vor Einführg. des Pflügens sogar ca. 2.500 Stunden pro Hektar Rebland zu leisten waren. Einige der Weinbergsarbeiten waren so aufwändig u. arbeitsintensiv, dass sie i.d.R. nur mit Hilfe zusätzl. Arbeitskräfte - im älteren Weinbau gewöhnl. Taglöhner - zu bewältigen waren. Bez. für die Weinbergsarbeit an sich bzw. in konkreter Durchführg. sind Bau, Rebarbeit, Rebbau, Rebwerk, Weingartarbeit, -garts- u. arbeiten, bauen, in die Reben bzw. in den Weingarten gehen, klägen, schaffen, werken, für Gruppen in best. Jahreszeiten fallender Weinbergsarbeiten Herbstarbeit, Sommerarbeit, Winterarbeit u. Winterbau. Zu Sammelbez. für die umfangreichen Boden- u. Laubarbeiten s. BODENARBEIT, LAUBARBEIT. In Zornheim (RHEINHESSEN) hieß die unentgeltl. als Nachbarschaftshilfe geleistete Weinbergsarbeit "frönen". Das Arbeiten als Taglöhner (Tagarbeiter, Taglöhner, Tage-, Taglöhnerin, Tagwaner, Tagwerker, Tage-, Weingartarbeiter, -garten-, -garts-, Weingarttaglöhner, Winzertagner) bzw. das Beschäftigungsverhältnis hießen Taglohn, Tage-, Tagwan, Tagwerk, Tage-, taglöhnen, taglöhnern, tagwanern u. tagwerken. Gelegentl. werden von den GWP spez. Werkvertragsverhältnisse berichtet, so die Durchführg. der Weinbergsarbeit im Akkord od. "überhaupts". Ein im älteren Weinbau verbr. Vertragsverhältnis war der Teilbau, bei dem der Weinbergsbesitzer die Durchführg. aller od. fast aller Weinbergsarbeiten einem Bearbeiter gegen Geld od. Naturalien übertrug (PACHT).- II. Jahreszyklische Weinbergsarbeiten: Die Arbeiten im Weinberg folgen einem ausgeprägten, vor allem an den Jahreszeiten u. dem Vegetationszyklus der Ertragsrebe orientierten Rhythmus. Die folg. Zusammenstellg. im Verlauf eines J. durchzuführender Weinbergsarbeiten ist chronol. ausgerichtet u. hauptsächl. an der früher verbreitetsten Art der REBERZIEHUNG, der Pfahlerziehg., orientiert. Sie schließt auch das früher in Gegenden mit strengeren Wintern praktizierte Niederlegen u. Zudecken der Reben zum Schutz vor Frost u. die daraus resultierenden Folgearbeiten mit ein.- A. Aufdecken: Im Frühj. mussten die Reben dort, wo sie zum Schutz vor Frost im Herbst niedergelegt u. zudeckt worden waren, wieder aufgedeckt u. freigeräumt werden (BODENARBEIT: Frühjahrsbau).- B. Rebschnitt: Beim Schneiden der Reben, das gewöhnl. im Zeitraum Febr. bis Apr., tw. auch schon im Herbst erfolgt, wird das im Vorjahr gewachsene, nicht mehr erforderl. Rebholz abgeschnitten u. die Wuchsform der Rebe festgelegt (REBSCHNITT). Häufigste Bez. für die Durchführg. des Rebschnitts als Gesamtmaßnahme sind schneiden, Rebenschneiden, Weingartschneiden -garten-, -garts-, vereinz. gelten beschneiden, in die Reben gehen, putzen. Verbale Bez. für best. Arten u. Formen des Rebschnitts sind: anschneiden, aufschneiden, aufschneiten, daraufschneiden, heraufschneiden, regeln, ringeln, schneiten, überschneiden, zuruckhauen, zurück-, zuruckschneiden, zurück-. Zur Entlastg. der Fachkraft, die den Rebschnitt durchführte, war es tw. übl., die Heftbänder des Vorjahres durch Hilfskräfte in einem eigenen Arbeitsgang entfernen zu lassen (abhauen, abschneiden, aufdrehen, aufhauen, auflösen, aufmachen, aufreißen, aufschneiden, auftrennen, auftun, aufzwicken, Bändleinaufschneiden, Bändleinreißen, enwegreißen, lösen, zwicken).- C. Beseitigung des Rebholzes: Beim jährl. Schneiden des Weinbergs fällt eine gr. Menge Rebholz an. Dieses wurde in der sparsamen Subsistenzwirtschaft des älteren Weinbaus verschied. Verwendungen zugeführt u. deshalb gesammelt, zu Bündeln gebunden u. ggf. aus dem Weinberg geschafft (REBHOLZBESEITIGUNG).- D. Absenken u. Vergruben: Vor dem Auftreten der Reblaus u. der Einführg. der Pfropfreben war es übl., ausgefallene od. schlecht tragende Reben durch das Vergruben ganzer Weinstöcke bzw. das Absenken v. Rebtrieben zu ersetzen od. überh. auf diese Art eine Verjüngg. des Weinbergs zu betreiben. Diese Arbeit fiel in die Monate Febr. bis Mai (VERMEHRUNG).- E. Spritzen: Das Spritzen der Reben gegen Krankheiten u. Schädlinge erfolgt etwa 2-5 mal pro Saison. Eine erste SPRITZUNG erfolgt i.Allg. im Febr. od. März vor dem Austrieb.- F. Erste Bodenarbeit: Je nach Zeitpunkt des Rebschnitts u. je nach Witterg. fiel die 1. Bodenbearbeitg., die meist als gründl. Bodenlockerg. mit Hacke od. Pflug durchgeführt wurde, in die Monate März bis Mai (BODENARBEIT: Frühjahrsbau).- G. Sticken: Sofern die Stützpfähle beim Niederlegen bzw. Zudecken der Reben im Herbst ausgezogen worden waren, mussten sie nach der 1. Bodenbearbeitg. u. vor dem GERTEN wieder neben den Rebstöcken eingerammt werden (aussticken, hereinstecken, pfahlen, pfählen, Pfähleschlagen, schlagen, stecken I (befestigen), Steckenschlagen, stellen, stickeln, sticken, stoßen, stößen). Eine Hilfsarbeit dabei war das Verteilen u. Anreichen der Stützpfähle durch Handlanger (bieten, strauen, streuen, vertragen). In Fläsch (GRAUBÜNDEN) hießen die diese Zureichg. verrichtetenden Kinder Stickelbube. In Harsberg (WÜRTTEMBERG) unterschied man zw. Pfählestupfer u. Pfähler. Die Pfählestupfer, im Familienbetrieb meist die Kinder od. die Frau des Winzers, steckten die Sützpfahle provisorisch in den Boden (stupfen), der Pfähler, meist der Winzer selbst, trieb die Pfähle dann fest ein. Wo die Stützpfähle nicht über Winter aus dem Boden gezogen wurden, hat man sie im Frühj. in einem eigenen Arbeitsgang auf festen Sitz überprüft, ggf. nachgespitzt (ausspitzen, daranspitzen, nachspitzen, nachhinspitzen, spitzen), nachgeschlagen u. schadhafte Pfähle gegen intakte ausgetauscht (anschlagen, nachschlagen, pfahlen, pfählen, richten, schlagen, stecken I (befestigen), stellen, stickeln, sticken, stoßen, stößen). In Siebenbürgen (RUMÄNIEN) wurden die beidseitig gespitzten Pfähle (PFAHLHERSTELLUNG) herausgezogen u. umgedreht wieder eingerammt (umdrehen); so konnte die vorher in der Erde steckende Spitze abtrocknen u. war nicht mehr der Fäulnis ausgesetzt.- H. Biegen u. Anbinden: Bei dieser meist in den Apr. fallenden Arbeit wurden die Fruchtruten des Rebstocks in eine best. Form gebogen u. an die Unterstützungsvorrichtg. angebunden (GERTEN). Zur Herstellg. u. Vorbereitg. des hierzu benötigten Bindematerials s. BANDHERSTELLUNG.- I. Ausbrechen: Bald nach dem Austrieb der Reben wurden die überflüssigen Triebe entfernt, die sich am alten Holz gebildet hatten (LAUBARBEIT: Ausbrechen).- J. Heften: Wenn die jungen Rebtriebe in den Monaten Mai bis Juni eine Länge v. 30-50cm erreicht hatten, wurden sie an der Unterstützungsvorrichtg. angebunden. Bei fortgeschrittenem Wachstum wurde dann ein 2., evtl. sogar ein 3. Heften erforderl. (LAUBARBEIT: Heften). Zur Herstellg. u. Vorbereitg. des hierzu benötigten Bindematerials s. BANDHERSTELLUNG.- K. Zweite, dritte, vierte Bodenarbeit: Auf das Heften folgte im Juni od. Juli meist eine flachgründige Bodenbearbeitg., die neben der Bodenlockerg. darauf zielte, den Weinberg unkrautfrei zu halten. Im Aug. u. Sept. wurde diese Arbeit noch ein- od. zweimal wiederholt. Oft wurde auch im Herbst nach der Lese noch eine Bodenbearbeitg. durchgeführt, damit der Boden über Winter auswittern konnte (BODENARBEIT: Sommerbau, Herbst-/Winterbau).- L. Ausgeizen, Gipfeln, Entblättern: Im Aug. u. Sept. wurden die aus den Knospen der Blattachseln wachsenden Nebentriebe entfernt, die Haupttriebe eingekürzt u. ggf. einige Blätter in Höhe der Traubenzone entfernt (LAUBARBEIT).- M. Lese: Zur schon der KELLERWIRTSCHAFT zugerechneten, i.Allg. im Zeitraum Sept. bis Okt. stattfindenden Traubenernte s. LESE.- N. Pfähleziehen: Im Herbst nach der Lese wurden dort, wo das Niederlegen u. Zudecken der Reben über Winter übl. war, die Stützpfähle der Reben v. Hand od. mit einem GERÄT aus dem Boden gezogen (ausreißen, außereißen, außeziehen, auszerren, ausziehen, herausmachen, herausreißen, herausrupfen, heraustrecken, herausziehen, liechen, Pfähleherausziehen, Pfahlziehen, Pfähle-, rupfen, trecken, zerren, ziehen). Mancherorts hat man die Stützpfähle über Winter ledigl. deshalb ausgezogen, um sie vor Fäulnis zu schützen (herausmachen, ziehen). Vor dem Ausziehen der Stützpfähle mussten die Heftbänder, mit der die Rebstöcke am Pfahl befestigt waren, abgelöst werden (abschneiden, aufschneiden, reißen). Die ausgezogenen Stützpfähle wurden zu Haufen zusammengestellt od. aufgeschichtet (aufarken, aufbocken, auflegen, aufstellen, einlegen, hineinschlichten, legen, niederlegen, richten, schlichten, stellen, umlegen, zuhaufstellen, zusammenschlichten, zusammentragen, zusammentun). Zuvor wurden ggf. der Lagerg. der Stützpfähle dienende Gestelle u. Stapelplätze eingerichtet (einschlagen, schlagen, schragen, stecken I (befestigen)).- O. Niederlegen u. Zudecken: Nach dem Ziehen der Pfähle wurden die Reben niedergelegt u. mit Erde, Wasen od. Stroh bedeckt, was man abdecken, beziehen, decken, häufeln, lochen, niederlegen od. trechen nannte (BODENARBEIT: Herbst-/Winterbau). Tw. hat man die niederzulegenden Reben auch mit den ausgezogenen Stützpfählen beschwert od. miteinander verflochten (abeflechten, flechten), um sie am Boden zu halten.- P. Rückführung erodierter Weinbergserde: In den Herbst od. Winter, manchmal auch ins Frühj., fiel die Arbeit, im Laufe der Zeit bei der Bodenbearbeitg. talwärts gehackte od. durch Erosion abgeschwemmte u. in spez. Gräben od. Gruben (WEINBERGSTEIL) aufgefangene Erde wieder nach oben in den Weinberg zu schaffen (aufherden, aufhinführen, aufetragen, -trägen, auftragen, Erdentragen, führen, Grundtragen, -trägen, heben, heraufbuckeln, heraufschaffen, heraufschaufeln, herauftragen, Herdträgen, hinaufschaffen, hinauftragen, hinobentragen, hochtragen, schlitten, tragen, trägen, zurucktragen). Auch mussten die gegen Erosion schützenden Wasserablaufgräben (WEINBERGSTEIL) gereinigt werden (aufputzen, ausputzen, außeputzen, putzen).- III. Mehrjahreszyklische Weinbergsarbeiten: A. Düngen: Im älteren Weinbau wurde vorwiegend mit Mist gedüngt u. zwar i.Allg. im Abstand v. 2-4 J. Die Arbeit des Düngens fiel meist in die Monate Nov. bis Febr. od. Apr. u. März (DÜNGUNG).- B. Arbeiten der Weinbergsneuanlage: Da zu alte Weinberge verringerte, unwirtschaftl. Erträge bringen, ist in einem Winzerbetrieb v. Zeit zu Zeit die Neuanlage v. Weinbergen fällig. Zu den damit verbundenen Arbeiten s. NEUANLAGE.- IV. Sonstiges: Zu Bewässerungsarbeiten im Weinberg s. BEWÄSSERUNG.-Lit.: Arthold 1929; Babo L. 1842; Bauer K. 2002; Eggenberger u.a. 1983; Egli 1982; Höfflin 1983a; Kiefer 1978; Linsenmaier/Daub 1955; Puhl 2009; Regner 1876; Resch 1980; Seppälä 2001; Scheu 1950; Schumann 1998; Vogt/Schruft 2000; Weber W. 1949; WKW 38/169f.- R.P.

Artikel wurde aus Cache gelesen