REBKRANKHEIT:
I. Allgemeines.
II. Pilzkrankheiten: A. Peronospora.- B. Oidium.- C. Botrytis.- D. Weißfäule.- E. Roter Brenner.- F. Grünfäule.- G. Unspezifizierte Fäulnis.- H. Sonstiges.
III. Bakterielle Krankheiten.
IV. Viren u. Phytoplasmen.
V. Abiotisch bedingte Schädigungen: A. Chlorose.- B. Stiellähme.
I. Allgemeines: Krankheiten (Krankheit, Kränke, Kränkde) u. Schädigungen der REBE können durch Einwirkungen verschiedenartigster Organismen u. unbelebter Umweltfaktoren verursacht werden. Die Rebe reagiert auf entspr. Fremdeinflüsse mit best., an der ganzen Pflanze od. an einz. ihrer Organe sichtbar werdenden Symptomen, sie wird krank bzw. sie kränkelt u. bringt nur wenig Früchte hervor (dahinserben, kümmern, serbeln, serben). Selten äußert sich eine Rebkrankheit in nur einem Merkmal, meist treten versch. Symptome entweder gleichzeitig od. nacheinander auf. Mitunter bewirken ganz versch. Ursachen ein gleiches od. zumindest ähnl. Krankheitsbild u. erschweren so die Diagnose. Hier liegen z.T. auch die Gründe für manche Unsicherheit der GWP bei der Identifizierg. best. Rebkrankheiten. Nach den Ursachen lassen sich die Rebkrankheiten, deren volkssprachl. Bez. überwiegend ein charakteristisches Schadmerkmal als Benennungsmotiv aufgreifen, in 2 Gruppen teilen: einerseits durch biotische Einfl. wie Pilze, Bakterien, Viren u. tierische Schädlinge (SCHÄDLING) hervorgerufene, andererseits durch abiotische Faktoren bewirkte Krankheiten u. Schädigungen. Zur Bekämpfg. v. Rebkrankheiten u. -schädlingen s. SPRITZUNG.- II. Pilzkrankheiten: Zu den durch Pilzerreger hervorgerufenen Krankheiten zählen vor allem Peronospora, Oidium, Botrytis, Weißfäule, Roter Brenner u. Grünfäule.- A. Peronospora (Syn.: Äscher, Blattfall, Blattfallkrankheit, Blattkrankheit, Blätter-, Blattrauscher, Brenner, Brühen, Dürre, Dürring, Falsche Mehltau, Fleckenkrankheit, Gift, Kränke, Kränkde, Krankheit, Laubbrand, Laubkrankheit, Laubrausch, Lederbeerenkrankheit, Lederkrankheit, Lohe II (Rebkrankheit), Mehltau, Mildiou, Ölfleckenkrankheit, Palesch, Peronospora, Pilz, Pilzkrankheit, Rausche, Rost II (Rebkrankheit), Rotbrenner, Rote Brenner, Sang, Schwarzbrühen, Schwarze Mehltau, Spritzkränkde, Sucht; Symptome: anfliegen, brühen, Fleck, Flecken, grau, knuspern, krank, Lederbeere, Ölfleck, palen, Placken, rostig, Schimmelfleck, sengen, verlohen, verrosten, weiß, Weiße): Erreger ist der Pilz Plasmopara viticola, der 1878 v. Nordamerika nach Frankreich eingeschleppt wurde, wovon er sich sehr schnell im gesamten europ. Weinbau verbr. u. verheerende Schäden anrichtete. In niederschlagsreichen J. können Ernteverluste bis zum Totalausfall eintreten. Der Pilz kann alle grünen Rebteile befallen, die Spaltöffnungen besitzen. Am Blatt bilden sich im Frühj. u. Frühsommer auf der Oberseite rundl., gelbl.-grüne (bei best. Rotweinsorten auch rötl. gefärbte), ölig erscheinende Flecke, auf diesem Bereich der Blattunterseite ein weißer Pilzrasen. Ein solcher Pilzrasen bildet sich auch auf befallenen Gescheinen od. jungen Beeren. Bei Befall älterer Beeren werden diese blauviolett u. schrumpfen; es entstehen die sog. Lederbeeren (Lederbeere). Der frühzeitige Verlust der Blätter führt zu mangelnder Holzreife (PHÄNOLOGIE VI.), wodurch die Reben stark winterfrostgefährdet sind. 1885 erkannte der Mykologe P.-M. A. Millardet aus Bordeaux, dass sich die Krankheit durch die Applikation v. Kupfer bekämpfen lässt. Die in der Folgezeit entw. Kupfermittel (SPRITZUNG) wurden seit Mi. des 20. Jhs. durch pflanzenverträglichere organische Fungizide weitgehend verdrängt.- B. Oidium (Syn.: Amerikanische Mehltau, Äschenkrankheit, Äscher, Äscherich, Äsching, Äschige, Echte Mehltau, Graue I (n.), Graue II (f.), Gräue, Graukrankheit, Grauschimmel, Honigtau, Lohe II (Rebkrankheit), Mehler, Mehltau, Mildiou, Oidium, Pilz, Rechte Mehltau, Schimmel, Schimmelpilz, Schimmeltüsel, Schwefelkränke, Schwefels-, -kränkde, Schwefelkrankheit, Schwefels-, Schwefeltüsel, Sonnenbrühe, Staubkrankheit, Weinbeerschimmel, Weiße Mehltau, Weißkrankheit; Symptome: Asche, Äsche, aschig, äschig, Bletz, Bletze, grau, Samenbruch, schimmelig, schimmeln, staubig, verlohen, verschimmeln, weiß): Erreger ist der Pilz Unicinula necator (nach der Nebenfruchtform tw. auch als Oidium tuckeri bez.), der um die Mi. des 19. Jhs. aus Nordamerika eingeschleppt wurde u. die Existenz des gesamten europ. Weinbaus gefährdete. Er tritt verstärkt auf in warmen, trockenen J. u. verursacht hohe Ertrags- u. Qualitätsverluste bis hin zum Totalausfall. Kennzeichnend für den Befall ist ein grauweißer, mehliger Überzug auf der Blattober- u./od. Unterseite, der sich abwischen lässt. Die Blätter wölben sich, werden brüchig u. sterben ab. Befallene Gescheine u. junge Beeren sterben unter Braunverfärbg. ebenfalls ab. Bei älteren Beeren wächst die v. Pilz befallene Haut nicht mehr mit u. platzt bei weiterer Wassereinlagerg. auf. Es entsteht der sog. Samenbruch, bei dem die Kerne der Beeren sichtbar werden, sodass es in Winzerkreisen gelegentl. heißt: "Die Beeren zeigen/blecken die Zähne" (blecken, Zahn, Zähneblecker) od. "Die Beeren sperren". An den grünen Trieben entstehen grauweiße Flecke, die sich bei der Holzreife braunviolett färben. Als Bekämpfungsmittel wurde um 1855 Schwefel (als Pulver od. in gelöster Form) in den Weinbau eingeführt (SPRITZUNG); daneben gibt es heute organisch-synthetische Wirkstoffe. Die Bekämpfg. muss vorbeugend erfolgen.- C. Botrytis (Syn. u. stadiale Bez.: Botrytis, Botrytisfäulnis, Edelfäule, Edelfäulebotrytis, Edelfäulnis, Edelfaulzer, Fäule, Faulen, Faulnis, Fäulnis, Gescheinbotrytis, Graufäule, Grünfaule, -fäule, Mostfäule, Rohfäule, Sauerbotrytis, Sauerfäule, Schimmel, Schimmelfäule, Schimmelpilz, Staubfäule, Stielfäule, Stielfäulnis, Stielkrankheit, Stingelfäule, Traubenfäule, Trockenfäule, Weichfäule, Weinbeerfäule; Symptome: abgeheien, braun, edelfaul, eitrig, Essigbeeri, faulen, fäulen, faulig, gelblich, giftig, graufaul, gutfaul, nassfaul, Patsch, rohfaul, sauerfaul, stauben, stäuben, stingelmarb, zeitigfaul, zusammenfaulen): Erreger ist der Pilz Botrytis cinerea, der in allen gemäßigten Klimazonen vorkommt u. bes. bei kühler, feuchter Witterg. auftritt. Er verursacht Austriebsschäden (Augenausfall), Fäulnis an Blättern, jungen Trieben u. Gescheinen. An unreifen Trauben bewirkt er die sog. Sauerfäule. Als Stielfäule kann er auch auf das Stielgerüst übergreifen, wobei der Übergang zum gesunden Gewebe im Ggs. zur Stiellähme (vgl. V.B.) fließend ist. Die Zersetzg. des Stiels kann dazu führen, dass die Trauben vor der Lese zu Boden fallen (Bodentraube). Die Bekämpfg. der Botrytis erfolgt durch geeignete Fungizide. Botrytisbefall an den reifen Trauben führt zur sog. Edelfäule, welche die Erzeugg. hochwertiger, edelsüßer Weine ermöglicht. Aufgrund der mit dem Pilzbefall verbundenen Perforation der Beerenhaut verdunstet verstärkt Wasser aus der Beere, woraus eine Konzentrierg. der Inhaltstoffe resultiert. Bei Rotweinen ist die Edelfäule nicht erwünscht, da der Pilz den Farbstoff abbaut u. damit die Farbintensität der Weine beeinträchtigt.- D. Weißfäule (auch: Hagelkrankheit): Erreger der Weißfäule (hierher viell. auch: Trockenfäule) ist der weltweit verbr. Pilz Coniothrium diplodiella Sacc. Er infiziert unreife Beeren nach Verletzg., insbes. durch Hagelschlag. Die Beeren werden gelbl., später rosablau u. schrumpfen. Der Eindruck einer weißl. Färbg. entsteht dadurch, dass infolge des Pilzbefalls die oberste Schicht der Beerenhaut (Kutikula) v. der darunterliegenden Epidermis abgehoben wird u. Luft eintritt. In nördl. Weinbaugebieten kommt der Pilz selten, in südl. häufiger vor.- E. Roter Brenner (Brenner, Rotbrenner, Rote Brenner, Sang): Erreger ist der weltweit verbr. Pilz Pseudopezicula tracheiphila, der wahrscheinl. im europ. Weinbau schon immer vorhanden war. Er bevorzugt steinige, trockene u. humusarme Böden in Hanglagen. In manchen Gegenden führt er jedes J. zu starken Schäden, in and. tritt er nur sporadisch auf. Bei Befall entstehen bei Weißweinsorten bräunl., bei Rotweinsorten tiefrote, stets v. Blattadern begrenzte Blattsegmente. Bei starkem Befall sterben die Blätter ab. Durch den Blattverlust kommt es zur Verrieselg. (PHÄNOLOGIE, TRAUBE), zu einer geringeren Anlage v. Gescheinen in den sich entwickelnden Winterknospen (AUGE) u. zu Ertragsminderungen. Bei der Bekämpfg., die vorbeugend u. ggf. wiederholt erfolgen muss, kommen spezifische Fungizide zur Anwendg.- F. Grünfäule (auch: Grünschimmel, Speckfäule): Erreger der Grünfaule, -fäule ist der ubiquitär verbr. Pilz Penicillium expansum, der bei feuchter Witterg. Fäulnis an reifenden u. reifen Beeren verursacht. Die Infektion erfolgt über Wunden, wie sie durch Hagel, Vogel- u. Wespenfraß od. Vorschädigungen durch Oidium entstehen, u. greift dann auch auf gesunde Beeren über. Die befallenen Beeren erhalten einen grünl. Überzug, haben einen sehr unangenehmen Geschmack u. müssen bei der LESE ausgesondert werden.- G. Unspezifizierte Fäulnis: Moder.- H. Sonstiges: Die GWP aus Batos/Botsch in Siebenbürgen (RUMÄNIEN) nennt für Oidium (s.o.) die Bez. Schwarzbrenner bzw. Russische Mehltau. Evtl. ist aber die durch den Pilz Phomopsis viticola verursachte Schwarzfleckenkrankeit gemeint.- III. Bakterielle Krankheiten: Einzige durch Bakterien verursachte Krankheit der Rebe in den nördl. Weinbauregionen ist die Mauke (Krebs, Krebskrankheit, Mauke, Mauche, Maulrapp, maulrappig, Räpp). Erreger ist das Bakterium Agrobacterium vitis. Bei Befall entstehen an den oberirdischen Rebteilen krebsartige Wucherungen, die an der Veredlungsstelle kropfartig ausgebildet sind od. sich leistenförmig am Stamm entlang ziehen. In massiver Form tritt die M. nach starken Winterfrösten auf u. kann zu gr. wirtschaftl. Schäden führen. Die Auswirkungen sind je nach Alter der Rebe u. Stärke des Befalls unterschiedl.; junge, stark befallene Stöcke sterben ab, ältere können einen schwachen Befall ohne Leistungsminderg. tolerieren.- IV. Viren u. Phytoplasmen: Durch Viren u. Phytoplasmen hervorgerufene Krankheiten der Rebe (z.B. Reisigkrankheit, Blattrollkrankheit od. Vergilbungskrankheit) werden als Abbaukrankheiten bezeichnet u. sind erst seit einigen Jahrzehnten als solche erkannt. Sie führen zu Form- u. Farbveränderungen an den Blättern, zu Unregelmäßigkeiten an den Trieben, zum Leistungsabfall der Rebe bis hin zur völligen Unfruchtbarkeit.- V. Abiotisch bedingte Schädigungen: Diese entstehen durch Witterungseinflüsse (Kälte, Frost), Wind (Abbrechen der Triebe, Reibeschäden), Niederschläge (Regen, Hagel) u. Bodenbedingungen (Nässe, Trockenheit, Verdichtg. u. ungünstige chemische Zusammensetzg. des Bodens usw.). Ihre Bedeutg. liegt nicht nur in ihrem direkten Einfl., sondern häufig schaffen sie erst die Voraussetzungen für den Befall durch Schaderreger u. beeinfl. Schwere u. Verlauf der Krankheit. Manche Erscheinungen können durch Beseitigg. der Ursachen geheilt werden, wenn der Schaden noch nicht zu weit fortgeschritten ist. Zwei der bekanntesten abiotisch bewirkten Schädigungen sind Chlorose u. Stiellähme.- A. Chlorose (Syn.: Chlorose, Gelbsucht; Symptom: gelb (Chlorosejahr, Chloroseweingart, derfangen): Unter Chlorose versteht man im weiteren Sinne alle Gelbverfärbungen, die das gesamte Blatt umfassen, im engeren Sinne die durch Eisenmangel bewirkte Vergilbg. der Blätter, die im Bereich der Triebspitzen beginnt u. sich bei stärkerem Mangel nach unten fortsetzt. Ursache des Eisenmangels sind u.a. erhöhter Kalkgehalt des Bodens, Bodenverdichtg. u. Staunässe. Aus Sigolsheim (ELSASS) wird z.B. berichtet, dass die Lagen auf Kalkböden zwar ausgezeichnete Weinqualität hervorbringen, bei verregneten Frühjahren aber stets Gelbfärbg. des Laubs auftritt.- B. Stiellähme: Es handelt sich um eine anscheinend durch Magnesiummangel ausgelöste Störg. Das Stielgerüst der Trauben trocknet ein u. die daran befindl. Beeren schrumpfen. Das geschädigte Stielgerüst ist trocken, kantig u. übergangslos v. gesunden Gewebe abgesetzt. Dadurch unterscheidet sich die Stiellähme v. der durch Botrytis bewirkten Stielfäule, mit der sie häufiger verwechselt wird.-Lit.: Bauer K. 2002; Hillebrand W. u.a. 1998a; Kiefer 1978, 91ff.; Schumann 1998; Vogt/Götz 1979; Vogt/Schruft 2000.- R.P.
Blattrollkrankheit
Blattrollkrankheit

Botrytis durch den Sauerwurm an Müller-Thurgau
Botrytis durch den Sauerwurm an Müller-Thurgau

Blattschäden durch Zikaden
Blattschäden durch Zikaden

Botrytis nach Aufplatzen, an der Sorte Noah
Botrytis nach Aufplatzen, an der Sorte Noah

Essigfäule an Bukettriesling
Essigfäule an Bukettriesling

Edelfäule an Muscat Riesling
Edelfäule an Muscat Riesling

Sauerfäule an der Sorte Malanstraube
Sauerfäule an der Sorte Malanstraube

Grünfäule nach Beerenverletzung, z.B. durch Vogelfraß od. Aufplatzen
Grünfäule nach Beerenverletzung, z.B. durch Vogelfraß od. Aufplatzen

Mischfäule aus Essigfäule, Rhizopus u. Grünfäule an der Sorte  Optima
Mischfäule aus Essigfäule, Rhizopus u. Grünfäule an der Sorte Optima

Zikadenbefall od. Mg-Mangel an der Sorte Perle von Alzey
Zikadenbefall od. Mg-Mangel an der Sorte Perle von Alzey

Oidium an Elbling Blau, tw. mit Samenbruch
Oidium an Elbling Blau, tw. mit Samenbruch

Samenbruch an Wildbacher Blau
Samenbruch an Wildbacher Blau

Sonnenbrand an der Sorte Gelber Muskateller
Sonnenbrand an der Sorte Gelber Muskateller


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