WEINBERGSHÄUSCHEN:
I. Allgemeines.
II. Bezeichnung.
III. Bauweise u. Funktion.
I. Allgemeines: In früheren Zeiten waren die Weinbergshäuschen, deren Spannweite v. primitiven Unterständen bis hin zum gemauerten Häuschen mit Bettstelle u. Ofen reicht, weiter verbr. als heute u. übernahmen, bes. in den steilen od. in weit abgelegenen Weinbergen (WEINBERG), vielfältige Funktionen.- II. Bezeichnung: Für die Gebäude im Weinberg, die Hütten, Unterstände u. massiv gemauerten Häuschen, existieren zahlr. winzerspr. Fachw., die in den BW entweder auf die Traube, den Weinberg (Weingart, Weinberg, Reben), die Bauweise od. auf die Funktion als Wetterschutz (schermen, Schirm, Scherm, Scherme, Unterstand, unterstehen, unterstellen) u. als Aufenthaltsort für den Weinbergshüter Bezug nehmen. Jedoch nicht benutzt wurde v. den GWP die in der Forschungslit. anzutreffende Bez. Trullo (vgl. z.B. Bickel 1980, 1986f., 2002, 5; Kleiber u.a. 1993, 271; Koch H.-J. 1976, 12, Abb.; Marescalchi/Dalmasso 1979, 3, 726, Fig. 618). Die primitiven Schutzhütten, z.B. aus Rebholzbündeln od. Schilf (Rohrhütte), wurden meist nur für eine Saison errichtet, konnten aber auch über längere Zeit genutzt werden. Daher können sie nicht immer v. den stabileren Weinbergshäuschen getrennt werden, zumal sich auch die Bez. überschneiden (Baude, Büdchen, Bude, Budka, Bürdleinhütte, Chalet, Feldhütte, Flöhhütte, Gartenhäuslein, -häuse-, Grotte, Haus, Häuschen, -ken, Häuslein, Häuse-, Hüttchen, Hütte, Hüttlein I (Hütte), Kalibe, Kolibe, Kaue, Keusche, Kolna, Kunjo, Lusthäuschen, Lusthäuslein, Rebenbude, Rebgartenhäuslein, Rebhäusi, Reben-, Rebhäuslein, -häuse-, Reben-, Rebhütte, Rebhütti, Rebhüttlein, Schopf, Schopfen, Schupf, Schuppen, Stöcklein, Stöcke-, Stöckel, Stübken, Weinberghäuschen, Weinberghäuslein, -bergs-, Weinberghütte, -bergs-, Weinbergsbude, Weingartenbude, -garts-, Weingartenhaus, -garts-, Weingarthäuschen, -garts-, -ken, Weingarthütte, -garten-, -garts-, Weingarthüttlein, Weingartshäuselchen, Weingartstübchen, -ken, Weinhäuslein, Weinhofhaus, Weinhütte, Weintraubenbude, Weintraubenhäuslein, Weintraubenhäusken). Da früher die Weinberge relativ weit v. Dorf entfernt lagen u. die Arbeiter i.d.R. den ganzen Tag im Weinberg zu tun hatten, wurden in vielen Weinbauregionen jedoch stabile Weinbergshäuschen aus Brettern (Holzhäuslein) od. Steinen bevorzugt u. tw. mit Bett, Ofen (Kochhaus) u. dgl. ausgestattet. In Meißen u. Proschwitz (SACHSEN) war das Scheuchhäuslein nach der Vogelscheuche benannt. Auf den Weinzürl, das ist der Winzer bzw. Weinbergsarbeiter, verweisen Weinzürlhaus u. Weinzürlkeusche, Weinzettel-. Die unterschiedl. Bez. für den Weinbergshüter (Bannwart, Hüter, Saltner, Schütz, Wachter, Wächter, Weingarthüter, -garten-, -garts-), der auch nachts die Weinberge beschützen u. dort übernachten musste, finden sich in den Zus. Bannwarthäuslein, Hüterhaus, Hüterhütte, Saltnerhütte, Schützenhaus, Schützenhäuschen, Schützenhäuslein, Schützenhütte, Schützerhütte, Weingartschützenhütte, Weingartschützhäuslein, Wachterbude, Wächter-, Wachterhäuschen, Wächterhäuslein, Wächterhütte, Weingarthüterhäusken u. Weinhüterhäuslein wieder. Häufig dienten die Weinbergshäuschen als Schutz vor Regen u. Gewittern, worauf die Bez. Schutzhäuschen, Schutzhütte, Wetterhäuslein u. Wetterhütte verweisen. In Stäfa (ZÜRICH) existierten in den 1980er J. noch die alten Kanonenhäuslein mit gr. Rohren, mit denen bei Unwetter in die Wolken geschossen wurde. In Bergheim (ELSASS) waren früher solche Schussapparate im Schießhäuslein untergebracht. In best. Bännen hatte man auch größere Häuslein, Häuse-, in denen die Pferde untergestellt werden konnten. In dem Presshaus war urspr. auch die Weinpresse untergebracht. Die Bez. Keller, Kellerlein, Kellerstöcklein, -stöcke- u. Weinkeller bringen zum Ausdr., dass in manchen Gebieten der Wein im Weinberg selbst u. nicht zu Hause gelagert wurde. In Sântana/[St. Anna] (RUMÄNIEN) wurde die "Weingartenhütte" in der Ebene v. dem größeren Weinbergshaus am Hang, der Kolna, unterschieden.- III. Bauweise u. Funktion: Bauweise u. Funktion der Weinbergshäuschen bedingen sich oft gegenseitig. Sie boten z.B. Schutz vor Hitze, Regen u. Gewittern, dienten als Geräte- u. Speiseraum u. waren vor allem zum Sammeln des für die Spritzmittelbereitg. (SPRITZUNG) notwendigen Regenwassers u. für die WEINBERGSHUT (VOGELABWEHR) v. Bed. In manchen Gebieten befand sich hier auch die PRESSE od. der Lagerraum für den WEIN. Aus der Fülle der v. den GWP gemachten Ang. kann im Folg. nur eine Auswahl getroffen werden. Als Wetterschutz, aber auch zum Einnehmen der Mahlzeiten, wurde in Rohrendorf (NIEDERÖSTERREICH) das höhlenartige Hauerloch in die Abstufg. des Weinbergs (Gestätte) gehauen. In Fels a. Wagram hieß die höhlenartige Vertiefg., in die sich der Weinbergshüter bei Regenwetter kauerte, die Hauerluge. Die aus Holz bestehende Hauerhütte diente ebenfalls als Wetterschutz u. spielte in Zöbing außerdem für das Sammeln v. Regenwasser zur Herstellg. der Spritzmittellösg. eine Rolle. Dagegen war die Hüterhütte, die z.B. in Pulkau v. der Gemeinschaft der Winzer (Hauerschaft) finanziert wurde, massiv gemauert, meist mit Ziegeln gedeckt u. tw. mit Ofen u. Bett eingerichtet, da hierin bis zu 3 Weinbergshüter ab dem Zeitpunkt der Traubenreife u. während der LESE wohnten u. schliefen. In Ameis unterschied man die Hüterhütte, in welcher der Weinbergshüter übernachtete, sprachl. v. der Weingarthütte, -garten-, -garts-, die errichtet wurde, weil man über Mittag im Weinberg blieb. Sie waren beide mit Stroh gedeckt, da sie so im Sommer kühler waren u. im Frühj. u. Herbst die Wärme besser hielten. In Guntramsdorf übernachtete der Weinbergshüter ebenfalls in der Hüterhütte, die hier meistens aus Stein gemauert, seltener aus Holz gebaut war. Zusammengestellte Rebholzbündel dienten in Klosterneuburg als Unterstand (Bürdleinhütte). In Apetlon (BURGENLAND) waren die Weinbergshäuschen früher aus Schilf, später wurden sie gemauert (aufgemauert). In Mörbisch a. See besaß die gemauerte Hütte einen Rauchfang. In Cardano/Kardaun (SÜDTIROL) bestanden die Weinbergshäuschen entweder ganz aus Holz, od. an den 4 Eckpunkten befand sich je ein Pfeiler (Mauerpfeiler), an dem das Holz der Wände befestigt wurde. In Meersburg (BADEN) waren sie meist ganz aus Holz, seltener aus Stein, u. mit Biberschwanzziegeln gedeckt. In Lansitz (POLEN) wurde die Schutzhütte im Frühj. aus dem beim Rebschnitt anfallenden gebündelten Rebholz aufgestellt, das Dach wurde auch hiermit gedeckt. Diese Bude (Rebenbude) wurde jedoch nicht jedes J. neu errichtet, sondern nur ausgebessert. Die stabileren Weinbergshäuschen waren meist aus Holz (Holzhäuslein) hergestellt bzw. aus (Bruch)steinen od. Ziegeln gemauert (Steinhäuschen, Steinhäuslich, Zementhütte). In Homburg (FRANKEN) gab es früher bunkerartige Weinbergshäuschen. Diese waren 1,50m tief in die Erde gegraben u. mit 2-3 Steinplatten bedeckt. Indianerzeltartige Häuslein, Häuse- stellte man in Gambach auf. Daneben existierten aber auch stabilere Weinbergshäuschen, die zunächst aus Stein gemauert u. mit Ziegeln gedeckt waren, während sie in neuerer Zeit aus Holz erbaut wurden, ähnl. in Steingruben (NAHE), wo sie vor allem als Wetterschutz u. schattiger Rastplatz bei gr. Hitze dienten. Schiefer, Felsensteine u. Hohlziegel wurden in Hammelburg benutzt. Ein Dach aus Wellblech war in Ingelfingen u. Neckarzimmern (WÜRTTEMBERG) übl.; mancherorts wurde auch Dachpappe (Dachpapier) verwendet. Aus Fachwerk bestanden die Weinbergshäuschen dagegen in Schweigen (PFALZ), u. in Lansitz (POLEN) wurde das Weingartenhaus aus Lehmfachwerk errichtet. In Schwabsburg (RHEINHESSEN) grub der Weinbergshüter früher ein Loch, stellte einen Heubock darauf u. deckte diesen mit ein wenig Laub od. Stroh zu. Diese als Wetterschutz bei leichtem Regen dienende Hütte errichtete er auf Brachäckern, in ausgehauenen Weinbergen od. auf einer Anhöhe, damit er alles gut überblicken konnte. In Zornheim wurde die als Wetterschutz dienende Hütte (Flohhütte) ganz aus Stroh hergestellt u. meistens nach der LESE verbrannt. Diese Art v. Hütte war hier bis ca. 1969/70 übl., bis die 1. Umlegg. (FLURBEREINIGUNG) kam. In Wicker (RHEINGAU) war die Weingarthütte, -garten-, -garts- aus Holz gebaut, während die Schützenhütte zur Zeit der Lese in der Art eines Schildwachhäuschens aus Stroh od. Schilf gefertigt wurde. Die Schützenhütten, die in Westhofen (RHEINHESSEN) Gemeindeeigentum waren, wurden lt. GWP im J. 1766 aus Kalkstein wie ein Trullo (Rundbau mit Kuppel) erbaut (Chronik u. Rechnungen würden dies belegen). Zwei v. ihnen seien jedoch schon verschwunden, aber 6 würden noch in der Gemarkg. stehen u. dem Weinbergshüter als Wetterschutz dienen. Dagegen war das aus Stein od. Holz erbaute Wingertshäuschen, das dies. Funktion hatte, quadratisch u. Privateigentum. Vor allem in größere Weinberge stellte der Winzer sich ein solches Häuschen hinein. In BADEN waren die gleichfalls aus Holz od. Stein bestehenden Häuschen meist 2m x 3m groß. Auch die in Andriano/Andrian (SÜDTIROL) nur selten anzutreffende Feldhütte, die im Ggs. zur Saltnerhütte nur zum Unterstellen bei Unwetter u. zur Unterbringg. v. Werkzeug diente, besaß dies. Grundfläche. Das in Zadareni/Zaderlak (RUMÄNIEN) bei schlechtem Wetter als Unterstand genutzte Häuslein, Häuse- (Weingarthäuslein, -garten-, -garts-) war mit einer Grundfläche v. 2-3qm ebenfalls relativ klein. Seine Wände waren aus Weiden geflochten u. mit "Dreck" beworfen u. sein Dach mit Ziegeln u. in noch früherer Zeit mit Schilf gedeckt. Dagegen wies das Hüterhaus, in dem der Weinbergshüter sommers wie winters wohnte, eine relativ gr. Grundfläche v. 14qm auf u. beherbergte ein Zimmer, eine Küche u. eine kl. Vorratskammer. Das Dach war ähnl. gedeckt u. der Boden nur gestampft. In Atmagea/Atmege wurde das Weinhofhaus aus Holz u. Lehmbatzen erbaut. Dies sind sehr harte u. wetterbeständige Steine, die v. Winzer aus einer Mischg. v. Lehm, getrocknetem Mist u. langem Stroh in spez. Formen selbst hergestellt wurden. Sie wurden nicht gebrannt, sondern nur getrocknet. Das Weinhofhaus diente der Unterbringg. v. Werkzeug, sonstigem Gerät u. der Weinbergspfähle, aber auch zum Übernachten der Weinbergshüter, die vor allem die zahlr. Wölfe, die in den Weinbergen gr. Schaden anrichteten, u. auch freilaufendes Vieh abwehren mussten. In Sântana/[St. Anna] wurde die Weingartenhütte in der Ebene, die als Wetterschutz, zur Aufbewahrg. v. Geräten u. als Übernachtungsraum während der Weinbergsarb. genutzt wurde, v. dem größeren Weinbergshäuschen am Hang, Kolna genannt, unterschieden. Die Kalibe, Kolibe war in Hoghilag/Halwelagen primitiv u. mit Stroh gedeckt, während das Stübken aus Stein gemauert od. aus Holz errichtet u. mit Tischen, Bänken u. Brunnen ausgestattet war. In Satu Mare/Sathmar handelte es sich um einen Riegelbau, der aus einem Holzgerüst, Lehmwänden u. einem Strohdach bestand. Die Kaue, die aus Reisig u. einem Erddach hergestellt war u. über einen Kaminabzug verfügte, diente in Maniersch dem Weinbergshüter zum Wohnen, Kochen u. Schlafen. Vielfach wurden im Weinbergshäuschen auch die Geräte untergestellt (Werkzeughütte) u. während der Weinbergsarbeit die Mahlzeiten eingenommen (Teehaus, Vesperbude). In Brod nad Dyjí/Guldenfurt (TSCHECHIEN) war die zeltartige Hüterhütte aus Stangen hergestellt, die mit Stroh gedeckt waren. Sie diente nur als Wetterschutz; Geräte wurden dort nicht aufbewahrt. Die Baude wurde in Malitschen zum Unterstellen v. Geräten u. als Regenschutzhütte genutzt; hierin schlief aber auch der Weinbergshüter. In Balatoncsicsó/Tschitscha(u) (UNGARN) hatte der sog. Weinkeller im Weinberg mehrere Funktionen: er diente als Weinlager, aber auch als Unterschlupf u. Geräteraum. In Seußlitz (SACHSEN) war die 2m x 2m gr. Bude (Weinbergsbude), v. der GWP auch als Hundebude bez., fast ausschließl. der Geräteaufbewahrg. vorbehalten; nur ab u. zu schlief ein Winzer (Bauer) hierin, um den Weinberg zu bewachen. Nur in Ausnahmefällen durfte der Weinbergsarbeiter in Malans (GRAUBÜNDEN) für sich ein Häuslein, Häuse- im Weinberg errichten, in dem er auch wohnen durfte. Wenn kein Weinbergshäuschen vorhanden war, wurde in Weingarten (BADEN) zum Auffangen v. Regenwasser im Weinberg eine Hilfskonstruktion aus Dächlein, Däche- u. Wasserfass errichtet. Die Weingartenhüterhütte, die in Südmähren bis 1945 in Gebr. war, wird v. Kleindienst 1983, 15f. detailliert beschrieben. In Zöbing (NIEDERÖSTERREICH) kamen die Hauerhütten (Hauerhütte) vor allem wegen der Weinbergsspritzg. auf, verschwanden aber in den 1980er J. wieder, da die Winzer ihr Spritzwasser mit dem Traktor in den Weinberg transportierten. Auch in and. Gebieten haben die Weinbergshäuschen aufgrund der veränderten Arbeitsmethoden vielfach ihre urspr. Zweckbestimmg. verloren, sind baufällig geworden od. bedingt durch die FLURBEREINIGUNG großräumig verschwunden. In vielen Regionen werden heutzutage vor allem die massiv gebauten Weinbergshäuschen aber wieder liebevoll renoviert. Bereits in den 1980er J. waren lt. GWP in Kitzeck (STEIERMARK) die meist aus Holz bestehenden Weinbergshäuschen (Weinzürlkeusche, Weinzettel-) schon alle zu Ferienhäusern umgestaltet worden.- s.a. Rebhäuschendorf (Egli 1982, 422, Abb. 5); Weinbergsturm (Koch H.-J. 1976, 16, Abb.).- Lit. (mit Abb.): Bickel 1980ff.; Freckmann 1988; Krebs 1934; Trier 1951; Säuberlich/Säckl 1997; Wasem 2006c.- M.B.
Weinbergshäuschen
Weinbergshäuschen

Tür des Weinbergshäuschens
Tür des Weinbergshäuschens

Weinbergshaus mit Wasserauffangbecken
Weinbergshaus mit Wasserauffangbecken

Weingartenhüterhütte
Weingartenhüterhütte


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