PACHT: Die Pacht als Vereinbarg. über die entgeltl. Nutzg. eines Grundstücks ist den befragten GWP durchweg geläufig. Häufig wird jedoch angemerkt, dass am Erhebungsort die Eigenbewirtschaftg. vorherrschend war u. Verpachtg. v. Weinbergen nicht od. nur sehr selten vorkam. Zu Zeiten des Kommunismus waren in den hier fragl. Staaten Ost- u. Südosteuropas private Pachtverträge ohnehin unmögl. Insgesamt lässt sich mit den Antw. der GWP zu den Fragepunkten "Er verpachtet einen Weinberg" u. "Woraus besteht die Pachtabgabe (Geld, Naturalien, Sonstiges)?" für den Erhebungsraum des WDW ein genaueres Bild des im 19. u. 20. Jh. starken Wandlungen unterworfenen u. je nach sozioökonomischer Entwicklg. reg. unterschiedl. ausgebildeten Pachtwesens nicht zeichnen. Tw. werden jedoch noch interessante, ins Mittelalter weisende Züge des weinbaul. Pachtwesens fassbar. Mit den Bez. Arende, Bestand, Lass, Lehen, Pacht, Verding, Verpachtung, -ing sowie abgeben, ausdingen, ausgeben, auslehnen, geben, hergeben, hinausgeben, hinaushergeben, lehnen, leihen, mieten, nehmen, pachten, pumpen II (borgen), verdingen, vergeben, verlehnen, vermieten, verpachten, die im Zshg. der Vergabe v. Weinbergen (Pachtrebe, Pachtweingart) genannt werden, können sich diverse Vertragsverhältnisse verbinden. Sie reichen v. langfristiger Verpachtg. v. Grund u. Boden gegen einen festen Geldzins, wobei der Pächter die Bewirtschaftg. des Grundstücks in selbstständiger Leitg. durchführt, bis hin zu tw. nur für die Dauer eines J. abgeschlossenen Teilbauverträgen, bei denen die Bearbeitg. des Weinbergs (arbeiten, bauen, gebauen, schaffen) unter Aufsicht des Verpächters erfolgt. Soweit sich die Ang. der GWP auf Verhältnisse vor der Mitte des 20. Jhs. beziehen, ist meist die damals noch verbr. Bewirtschaftungsform des Teilbaus gemeint. Beim Teilbau leistete der Pächter (Pächter, Lehenmann) vertragl. fixierte Arbeiten (Bau) v. Frühjahr bis zur LESE im meist in tragbarem Zustand übernommenen Weinberg u. erhielt dafür einen best. Anteil am Ertrag. Häufig praktizierte Vertragsformen waren Drittel- u. Halbpacht (Drittelbau, Drittelpacht, Halbbau, Halbpacht). Bei Drittelpacht erhielt der Weinbergsbesitzer 1 Drittel bzw. den 3. Teil des Ertrags (s.a. Drittelstein). Bei Halbpacht bekamen Pächter u. Verpächter je die Hälfte (Halbe, Halbscheid, Hälfte), der Verpächter musste sich jedoch i.d.R. mit einem best. Anteil am Kulturaufwand beteiligen, z.B. BINDEMATERIAL u. Spritzmittel für die SPRITZUNG des Weinbergs stellen. Verschiedentl. kamen auch Verpachtungen um 1 Viertel od. um and. Ertragsanteile vor. Der Pachtzins (Gezins, Lehenzins, Pacht, Pachtzins, Weingartspacht, Zins) konnte in Naturalien od. Geld (Geld, Mietgeld, Pachtgeld, Pachtschilling) geleistet, die Pachtschuld jedoch auch durch Arbeitsleistungen des Pächters im Wein- od. Feldbau abgegolten werden. Bei Begleichg. in Naturalien war die Übernahme des vereinbarten Ernteanteils in Form v. Trauben, Maische od. Most die gewöhnl. Leistg.; die Verrechng. der Pacht konnte aber auch in Form v. Wein od. Feldfrüchten erfolgen. Wurde der Ernteanteil in Geld ausbezahlt, orientierte man sich am jeweiligen Herbspreis, Traubenpreis.- Zur Illustration der komplexen Pacht- u. Teilbauverhältnisse folgen einige v. den GWP beschriebene örtliche Bsp.: Monsheim (RHEINHESSEN): Es gab Pachtverträge auf 1 Drittel od. 1 Viertel. Entweder wurden die Trauben übernommen od. nach Herbstpreis bezahlt. Die Kirche verpachtete grundsätzl. nur gegen Geld.- Westhofen (RHEINHESSEN): Bei Drittelpacht musste sich der Verpächter bei der Lese u. bei der NEUANLAGE zu einem Drittel an den Kosten beteiligen. Wurde ein fester Pachtzins in Geld bezahlt, musste er sich um nichts kümmern.- Pfaffenheim (ELSASS): Bei Verpachtg. erhielt der Eigentümer bei jungen, gut tragenden Weinbergen die Hälfte des Ertrags, ansonsten 1 Drittel. Später wurde die Pacht in Geld pro Ar, Are bezahlt. Früher gab es viele Leute, die das ganze J. im Verding in den Weinbergen arbeiteten.- Durbach (BADEN): Das Rebland befand sich zum größten Teil in den Händen v. Großgrundbesitzern. Die Weinberge waren fast alle an Leute vergeben, die z.B. 5 od. 10 Haufen Reben bearbeiteten.- Unterjesingen (WÜRTTEMBERG): Es wurde nur selten verpachtet. Manchmal wurde der Übergang des Winzerbetriebes v. Vater auf den Sohn durch Verpachtg. um den halben Ertrag vollzogen.- Pratteln (BASEL): In der Nachkriegszeit zahlte man einen festen Pachtzins pro Ar, Are. Früher wurde um den halben Ertrag verpachtet. Wenn der Pächter jedoch den Weinberg neu anlegte, erhielt der Verpächter nur 1 Drittel des Ertrags in Form v. Trauben od. Wein.- Erlach (BERN): Früher gab es viele Rebleute, die selbst keine Reben hatten, aber für and. die Weinberge v. Frühjahr bis zur Lese bearbeiteten (Rebenschaffen).- Apetlon (BURGENLAND): Wenn der Pächter einen neuen Weinberg auf dem Pachtgrundstück anlegte (daraufstellen), wurde gewöhnl. auf 29 J. verpachtet. Bei Pacht eines im Ertrag stehenden Weinbergs (Ertragsweingart) behielt der Pächter, der alle Arbeiten bis zur Lese durchführte, je nach Qualität des Weinbergs die Hälfte od. bis zu 80% der Fechsung, -nung, -ing. Die Pachtabgabe erfolgte in Form von Trauben oder Most.- Donnerskirchen (BURGENLAND): Größere Weinbauern gaben ihre Weinberge für 1 J. in Bestand. Der Bestandler führte gegen Bestandgeld alle Weinbergsarbeiten durch. Ausgenommen waren spritzen u. Lese. In späterer Zeit wurde auch die Unkrautbeseitigg. mit dem Pflug (durchscherren) v. Weinbergsbesitzer übernommen; die Unkrautentferng. zw. den Rebstöcken, wo man mit dem Pflug nicht hinkam, blieb Aufgabe des Bestandlers.- Novacella/Neustift (SÜDTIROL): Wenn "ums Ansetzen" verpachtet wurde, d.h. der Kontrakt eine NEUANLAGE des Weinbergs (ansetzen) vorsah, war der Pächter 9 J. v. der Pacht befreit.- Vrsac/Werschetz (Banat): Wenn der Pächter ledigl. die Weinbergsarbeiten durchführte, bekam er nur 1 Drittel (!) des Ertrags. Übernahm er auch die Kosten für Spritzmittel (Blaustein) u. Bindematerial (Raphia), wurde "um die Hälfte" verpachtet.- Perna/Bergen (Südmähren): Die Pacht konnte in Form v. Geld, Trauben od. Wein bezahlt werden. Häufig vergaben Weinbergsbesitzer die Weinbergsarbeiten mit Ausnahme v. spritzen u. Gespannarbeiten an Arbeiter, die dafür ein Stück Ackerland zur Eigennutzg. u. eine best. Menge Getreide erhielten.- Teremia Mare/Marienfeld (RUMÄNIEN): Wer einen Weinberg "um die Halbscheid" bearbeitete, konnte nach Erledigung der Hälfte der vereinbarten Weinbergsarbeiten, d.h. aufdecken, Rebenschneiden u. Pflöcke schlagen, zum Bauern gehen u. das vereinbarte Halbscheidgeld verlangen.-Lit.: Arthold 1929, 349f.; Bauer M. 1954, 159; Egli 1982, 80ff.; HRG 3, 1396ff. 5, 141ff.; Kayser 1906, 47ff.; Kriege 1911, 166ff.; Landsteiner 2001, 197ff.; Müller K. 1930, 37. 874; Planck 1990, 95ff.; Spiess 1988, 228ff.; WKW 39/171ff. 40/174.- R.P. |