saarbrücker zeitung / saarland vom 27.10.2004

winzersprache
 Von Hängel und Zottel
von sz-mitarbeiter marko völke

Wissenschaftler in Kaiserslautern erstellen ein Wörterbuch der deutschen Winzersprache. Sie wollen verhindern, dass die von Winzern über Generationen weiter gegebenen Fachbegriffe verloren gehen. 2012 soll das Buch vorliegen.

Weil Winzer immer weniger mit der Hand und mehr mit Maschinen arbeiten, verschwinden manche ihrer überlieferten Fachbegriffe.

Saarbrücken/Kaiserslautern. In der Pfalz heißen sie Hängel, im Basler Land Träubel, in Südtirol Weinbeeren, im Schwarzmeer-Gebiet Zottel und an der Mosel Trauben. "Die Winzersprache ist eine mündlich überlieferte Sprache, die durch Dialekte geprägt ist", sagt Maria Besse von der Arbeitsstelle Wörterbuch der deutschen Winzersprache in Kaiserslautern. Während die regional unterschiedlichen Bezeichnungen für die Weintrauben wohl auch in Zukunft weiter existieren, geraten andere Teile des Wortschatzes vor allem wegen der Technisierung und Flurbereinigung im Weinbau zunehmend in Vergessenheit.

Um dem drohenden Verlust der von Winzern über Generationen weiter gegebenen Fachbegriffe entgegenzuwirken, erforschen Wissenschaftler in Kaiserslautern seit über sechs Jahren die Winzersprache in allen deutschen und ehemals deutschsprachigen Weinbaugebieten in vielen Teilen Europas. Bis 2012 soll so das Fachsprachenlexikon "Wörterbuch der deutschen Winzersprache" entstehen.

"Das Buch soll den gesamten Lebensbereich des Winzers erfassen", berichtet die Arbeitsstellenleiterin Maria Besse. Die Fachwörter zum Rebstock, zur Anlage des Weinbergs und der Weinbergarbeit, Traubenlese, Weinherstellung und zum Weingenuss wurden in den 80er Jahren unter der Leitung des Hochschullehrers Wolfgang Kleiber vom Institut für Geschichtliche Landeskunde der Uni Mainz gesammelt. In dieser Zeit befragten die Wissenschaftler an fast 450 Orten in 21 Ländern 829 Winzer und mit dem Weinbau vertraute Personen nach ihrer Fachsprache. Ihre Antworten auf die knapp 400 Fragen wurden in ihrem jeweiligen Dialekt auf Tonbänder aufgezeichnet.

Seit 1998 sind die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter des Projektes unter der Leitung des Saarbrücker Germanistik-Professors Wolfgang Haubrichs, Maria Besse aus Riegelsberg und Roland Puhl aus Saarwellingen, nun bereits mit der Auswertung der Sprachdaten beschäftigt.

Sonderband erscheint jetzt

Zu dem Nachschlagewerk, das zwei bis drei Bände umfassen soll, werden vorab mehrere CD-Rom mit Bild- und Tonbeispielen veröffentlicht. Die erste Lieferung zu den Themen Rebe und Weinberg soll in Kürze erscheinen. Zudem diskutierten Wissenschaftler aus dem In- und Ausland 2002 die ersten Forschungs-Ergebnisse des Projektes. Die Vorträge erscheinen nun als Sonderband.

In dem Winzersprachen-Wörterbuch sind auch Fachbegriffe aus dem Anbaugebiet Mosel-Saar-Ruwer enthalten: "Die Winzersprache ist hier von typisch moselfränkischen Ausdrücken geprägt", sagt Maria Besse. So würde die Knospe der Rebe zum Beispiel als Gimme bezeichnet.

Der Tagungsband des Projektes "Wörterbuch der deutschen Winzersprache" wird am heutigen Mittwoch um 20 Uhr in der Pfalzbibliothek in Kaiserslautern vorgestellt.

Hintergrund

Wegen der Technisierung und Flurbereinigung werden alte Weinanbau-Methoden zunehmend aufgegeben. Um die mit ihnen verbundenen Fachwörter vor dem Untergang zu bewahren, erstellen Wissenschaftler in Kaiserslautern ein dialektales Fachsprachen-Lexikon, das so genannte Wörterbuch der deutschen Winzersprache, kurz WDW. Das bis zum Jahr 2012 laufende Projekt wird von Wolfgang Haubrichs, Germanistik-Professor an der Saar-Uni, geleitet. mv